Donnerstag, 23. März 2017

Von Stimmungen, Meinungen und Fakten

Shit happens!

Nun ist es also heraus: „Welt“-Journalist Robin Alexander zeichnet in seinem Buch "Die Getriebenen" die Vorgänge nach, die zur jetzigen Flüchtlingskrise führten. Am 13. September 2015 war alles für die Schließung der deutschen Grenzen vorbereitet. Doch weil niemand in der Regierung die Verantwortung dafür übernehmen wollte, wurde aus einem wenige Tage dauernden Ausnahme- ein Dauerzustand. Und "Wir schaffen das!" erscheint immer unwahrscheinlicher.


Ist doch interessant, wie die politisch Verantwortlichen Krisenmanagement betreiben. Die "Welt" klagt: 

>> Entscheidungen werden in kürzester Zeit, auf der Grundlage unvollständiger Informationen und unter großem Druck getroffen. Beraten werden sie in kleinen Zirkeln der Exekutive ohne Einbeziehung parlamentarischer Expertise. Eine zentrale Rolle spielen auch selbst auferlegte Zwänge, allen voran die Umfragewerte. Immer geht es um die Frage: Wie kommt das, was ich tue, bei den Leuten an? <<

Aber hat das "Krisenmanagement" der so genannten Eliten jemals auch nur eine Katastrophe verhindert? Ein kleiner Rückblick: Erster Weltkrieg ausgebrochen, weil Kaiser Franz Josef I. den Überblick verloren hatte und die internationale Diplomatie versagte. Hitler kam "aus Versehen" an die Macht, weil Hindenburg und von Papen, die ihn "einbinden" zu können glaubten, sich mit seiner Ernennung zum Reichskanzler aus Dummheit zu dessen Steigbügelhalter machten. Weltkrieg II (jedenfalls laut neuester russischer Geschichtsdeutungeine Folge der kurzsichtigen Blockade Polens gegen eine Anti-Hitler-Koalition. Nehmen wir's mal so hin. Muss ja nicht stimmen. Russlandfeldzug von den Deutschen dann auch noch blöd vergeigt, weil Hitler nicht an genügend warme Wehrmachtsunterhosen gedacht hatte. Ja, kleine Ursache, große Wirkung: Anschließend Krieg verloren, Deutschland geteilt, ganze Generationen versaut, kalter (!) Krieg. Apropos: Die Maueröffnung am 9. November 1989 soll auch nur ein blöder Zufall gewesen sein, weil Schabowski sich "versprach". 

Was lief - auch in der Gegenwart - je nach Plan und führte zu dem beabsichtigten Ergebnis? "In drei, vier, fünf Jahren" (Helmut Kohl) "blühende Landschaften" im Osten, dank der sozialen Marktwirtschaft? Ja wohl weder flächendeckend und auch nicht aus der Portokasse, sondern zu einem Viertel auf Kosten von Renten- und Arbeitslosenversicherung und mit Sondersteuer (Soli) bis heute. Dazu viel Frust bei Ossis wie bei Wessis sowie neue "Mauer im Kopf"! Oder etwa Gerhard Schröders Hartz-IV-Reformen? Hartzer Käse hoch 4. SPD-Kanzler Gerhard Schröder kungelte erst mit VW-Vorstand Peter Hartz Sozialkürzungen, die Deregulierungen des Arbeitsmarkts, eine höchst wirtschaftsfreundliche Unternehmenssteuerreform usw. aus sowie mit Maschmeyer und Konsorten versicherungsfreundliche private Vorsorgemodelle à la Riester-Rente (Abteilung "Fordern"). Und direkt anschließend verdingte er sich als 'Kurier des Zaren' mit zwei Aufsichtsratsposten von Putins Gnaden sowie als Bankberater bei Rothschild London (Abteilung "Fördern"). Universal-Uschis Bildungs- und Teilhabe-Paket? Selten so gelacht. Und immer so weiter.

Was kann Politik und was nicht? Shit happens. Und Politik happens. Einfach mal so. Staatsversagen wohin man tritt. Vom Machbarkeitswahn der 1960er Jahre ist nur der Wahn übrig. Und die "Macher" machen bestenfalls, was sie besser nicht machen sollten, frei nach Graf Lambsdorffs Steigerungs-Formel: Gemeinnutz - Eigennutz - Nichtsnutz! Der eigensüchtige Karrierist auf dem Ego-Trip als Prototyp des Politikers und der kriminelle Zocker als Prototyp des Spitzenmanagers. Populismus, Brexit, Trump, postfaktische Zeiten. Das Irrationale breitet sich aus wie die Pest im Mittelalter. Nur eines scheint sicher: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Absteiger aus der Mittelschicht immer zahlreicher. Keine Schweinerei von Hochfinanz und Großindustrie, in die nicht auch Spitzenpolitiker involviert wären oder die beweisen, dass der Staat mal wieder seiner Aufsichtsfunktion nicht nachgekommen ist (siehe "Diesel-Gate"). Die Welt ist aus den Fugen!

Je mehr in der "großen Politik" misslingt und an Steuermilliarden sinnlos verschleudert wird, desto häufiger appelliert man an das "freiwillige Engagement" des Bürgers. Mit anderen Worten: Es werden Dumme gesucht, die unter dem Druck ihres sozialen Gewissens das ausbügeln, was Politik und Verwaltung nicht zustande bringen, weil man den Staat auf Kosten von Steuergeschenken für die Reichen der notwendigen Ressourcen beraubt hat. Dafür lässt man das Gemeineigentum (Straßen, Schulen) verrotten, während das Privateigentum geschont und ehemals öffentliche Aufgabenbereiche "vermarktlicht" werden. Damit nicht alles zusammenbricht, plant man Wegezoll (Autobahnmaut) wie zu Zeiten der alten Rittersleut' oder bricht die Verfassung, indem man  (siehe teure Privatschulen schon ab dem Grundschulbereich genehmigt. So können sich die Ober- und Mittelschicht aus der öffentlichen Armut herauskaufen, die sich als Folge der aktuellen Vermögensbesteuerung, der niedrigen Besteuerung von Kapitaleinkünften sowie maßvoller Spitzensteuersätze für Superreiche einstellen.  

Die "Politik der offenen Grenzen" löst die Probleme dieser Welt nicht einmal ansatzweise. Dafür sorgt sie für eine Zuspitzung der sozialen Spannungen im Innern. Und sie nutzt zu allem Überfluss ausschließlich den Reichen, wie der Philosoph Julian Nida-Rümelin in seinem neuesten Buch "Über Grenzen denken. Eine Ethik der Migration" anschaulich belegt. Eine seiner Hauptbotschaften: 
>> Macht Euch der Größe der Problematik erst mal bewusst, um dann die vernünftigen Maßnahmen zu ergreifen, und das ist eine fairere Welthandels-politik, eine Weltsozialpolitik, Weltinnenpolitik, dort zu helfen, wo es wirklich nötig ist, statt zu glauben, dass wir mit der Aufnahme von Menschen eine wesentliche Linderung des Weltelends erreichen können. <<
Die so genannte "Willkommenskultur" ist längst nicht mehr wahr, mögen sich auch noch so viele Engagierte weiterhin bemühen, den Kriegsflüchtlingen und Armutsmigranten das Leben in unserem Land so erträglich wie möglich zu machen. Doch die Bewältigung der Flüchtlingskrise wird bei aller Unzulänglichkeit der Maßnahmen und Hilfen sehr viel teurer als zunächst gedacht. Und da jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann und es keineswegs jedem in unserem Land so gut geht, wie die Politik uns einreden will, kommt es zu Verteilungskämpfen zwischen den alten und den neuen Armen. Das Geld, das jetzt gebraucht würde, national wie international, wurde bereits vor ein paar Jahren in der Krise der Weltfinanzmärkte verfrühstückt - ein typisches Beispiel für Staats- und Elitenversagen in globalem Maßstab und nie dagewesenen Dimensionen. Das aber bedeutet, dass die Lasten und die Vorteile der Migration extrem ungleich verteilt werden müssen. Denn die ganze Welt lebt nur noch auf Pump. Julian Nida-Rümelin im Interview mit dem Deutschlandfunk:
>> Ich habe schon den Eindruck, dass auch in der Politik in Deutschland unterdessen sehr viel deutlicher ist, dass die Herausforderung sehr groß ist, dass man mit einer auch monatelangen oder jahrelangen Bereitschaft zu helfen allein nicht zurande kommt, auch deswegen, weil die Lasten und die Vorteile der Migration extrem ungleich verteilt sind.

Man muss anerkennen, dass die oberen Mittelschichten und die Oberschichten – da gibt es Studien dafür – vor allem in den USA eher von Immigration profitieren. Sie haben dann billigere Haushaltskräfte zum Beispiel, Kinder-betreuung und was dergleichen mehr ist. Das macht sich bemerkbar.

Während die mit schlechtem, niedrigem Einkommen, prekären Arbeitsverhält-nissen tatsächlich durch diese neue Konkurrenz noch zusätzlich unter Druck kommen. Das ist ein Faktum, das muss man anerkennen:

In welchen Vierteln ändern sich die Lebensverhältnisse eher nicht bei den Oberschichten und oberen Mittelschichten, bei den akademischen Milieus, sondern eher in den Arbeitermilieus. Und darauf muss die Politik reagieren, sowohl das aufnehmende Land wie die Herkunftsländer wie die Migrierenden.

Die erfolgreich Migrierenden haben in der Regel sozio-ökonomisch jedenfalls einen deutlichen Vorteil. Die Herkunftsländer haben je nachdem von Immigration massive Nachteile. Manche Herkunftsregionen in Ostafrika werden sich davon nicht mehr so ohne weiteres erholen. Und aber auch die aufnehmenden Länder müssen die Lasten fair verteilen.<<
So oder so: Die Politik der offenen Grenzen wird sich nicht fortsetzen lassen. Zu offensichtlich ist deren Perspektivlosigkeit im Kampf gegen Kriege, Hunger und Elend. Die Hilfe, die man bereit ist, zur Verfügung zu stellen, reicht hinten und vorn nicht, denn der tatsächliche Hilfebedarf ist ein Fass ohne Boden. Die tiefen Einschnitte in das gewohnte Wohlstandsniveau, das hiermit verbunden wäre, hat keine Chance, mehrheitlich akzeptiert zu werden. Das unvermeidlich wachsende Heer von Unzufriedenen unter Einheimischen wie Zuwanderern, wird zu fortwährenden Konflikten und einer Radikalisierung auf allen Seiten führen und tiefe Spuren in der Gesell-schaft hinterlassen: Wachsende Unsicherheit auf den Straßen, steigende Kriminalität, Ausbreitung des politischen und religiösen Terrorismus, Disfunktionalität des Schulwesens, Unregierbarkeit der Wohngebiete, die von Auffangbecken der Migranten zu Rückzugsgebieten von Okkupanten mutieren, zum Schluss bürgerkriegsähnliche Zustände. Die politische Kultur der Toleranz sowie die liberale und freiheitliche Lebensform der westlichen Länder wird schleichend zerstört werden. Schon jetzt beherrschen Themen den öffentlichen Diskurs, die mit der Lebenswirklichkeit eines entwickelten mitteleuropäischen Landes nichts mehr zu tun haben. Kopftuch, Vollverschleierung und Ganzkörperbadeanzug, islamische Lebensregeln, der Kampf für ein autokratisches System in der Türkei und dergleichen mehr sind nicht die Fragen, die die Öffentlichkeit in Deutschland permanent beschäftigen sollten. Es dürfte kaum gelingen, der deutschen Bevölkerung eine ständige Ausdehnung der Toleranz noch zu vermitteln. Längst ist klar, dass der Prozess der Zuwanderung mit drastischen Auflagen verbunden sein wird, die die Bereitschaft zur Assimilation betreffen. Kanada, Australien, Österreich, die Niederlande und zunehmend auch die skandinavischen Länder sind hier auf dem richtigen Weg.  

P.S.: Ergänzungen zum Thema: 

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